- Hertzraum Rheinfelden
Die Fülle in der Einschränkung

Die letzten Monate waren turbulent, intensiv, voller neuer Situationen und zur gleichen Zeit extrem einschränkend und reduzierend. Gerne teilen wir mit euch unsere Eindrücke, unsere Gedanken und die Fülle an Gelerntem, Entdecktem und Erkanntem, was wir für uns aus dieser Zeit mitnehmen möchten. Denn zweifelsohne bietet diese spezielle Zeit ganz viel Potential zur Entwicklung, Reflexion und Umwandlung.

"Was nehmen wir aus den letzten Monaten mit in die Zukunft? Vielleicht das Bewusstsein darüber, dass unser Leben jetzt stattfindet? Dass wir keine reale Zukunft leben können, da diese noch vor uns liegt und die Vergangenheit nicht mehr als eine Erinnerung des Erlebten ist.
Was wir tatsächlich erleben können, ist der Moment in dem wir uns gerade befinden.
Die vergangenen Wochen waren eine Gradwanderung zwischen dem vorhandenen Leben und Entschleunigen. Wir wurden dazu angehalten, alles etwas eingeschränkter und auch bewusster zu tun, uns auf das wesentliche zu beschränken, was im Leben stattfindet im Hier und Jetzt.
Es gab uns die Gelegenheit neben der gewohnten Körper Hygiene, uns auch der geistigen, sowie seelischen Hygiene zu widmen, uns nicht von all den Informationen überfluten zu lassen und unserer inneren Regulierung Gehör zu geben.
Persönlich habe ich diese Tage und Wochen als erholsam empfunden und ich nehme diese Ruhe, dieses nichts müssen, das Tempo runterzufahren und die Dinge etwas gemächlicher anzugehen, mit.
Eine tiefe Dankbarkeit spüre ich in mir. Trotz den Einschränkungen hatte ich nie das Gefühl, dass mir etwas fehlen würde. Im Gegenteil - mich begleitet ein bewusstes wahrnehmen der Fülle, in der ich Leben darf." - Kilian
"Sich von den Lebensherausforderungen, wie wir sie in den letzten Wochen erlebt haben, berühren zu lassen, anstatt uns in die tiefen unser Selbst abzutauchen, benötigt ein hohes Mass an Bereitschaft zu Geben und zu Nehmen. - Ja, Geben und Nehmen. -
Bin ich gewillt das zu nehmen was mir das Leben, auch wenn es nicht meinen Präferenzen entspricht, wiederstandlos zu nehmen?
Bin ich auch in einer solch herausfordernden Situation, für mich und die Gesellschaft in der ich gerade lebe, wirklich bereit alles zu geben? In den letzten Wochen stand ich vor der Tatsache, meine Praxis ab dem 16.03.2020 schliessen zu müssen. Da stellte sich schnell für mich die Frage, was habe ich jetzt zu geben - was kann ich aus dieser Situation für mich ganz persönlich herausnehmen? Auch gab es Momente des Zweifelns wie es denn wann und wie genau weitergehen würde?
Die Frage, was ich zu geben habe und was ich nehmen kann, begleitete mich immer wieder. Mir haben diese letzten Woche einiges an Ruhe, Entschleunigung und Achtsamkeit mit mir und meiner Familie geschenkt. Ich habe für mich erfahren, wie unglaublich wertvoll meine bisherigen Lebensweisen bereits waren. Wie sehr ich von meinem Umfeld getragen werde und wie viel Grosszügigkeit ich erfahren darf. Wie schwer es mir manchmal fällt, all dies zu nehmen und wie schön die Erfahrung ist, so wertvoll für andere zu sein. Nehmen ist manchmal gar nicht so einfach.
Da gelingt mir das Geben ja schon fast wie von selbst. Als klar war - Praxis bis auf weiteres geschlossen - dachte ich zunächst an meine Klient*innen und was ich ihnen, trotz geschlossener Praxis, auch in dieser Zeit geben konnte. Einer meiner wertvollsten Begegnungen ist die Literatur. Seit ich denken kann, lese ich. Als Kind wünschte ich mir immer Büchergutscheine und Zeit in Buchhandlungen. Meine Freizeit verbrachte ich in der Schulbibliothek.

So kam mir die Idee, mit meinen Klient*innen genau diese Liebe zu teilen. Ich machte mir eine Liste all meiner im Moment aktiven Klient*innen. Dabei überlegte ich mir, in welchen Lebensherausforderungen, auch ohne ausserordentliche Lage, sie sich gerade befanden und fing an dazu ein passendes Buch für sie auszuwählen.
Da die Post durch die Veränderungen bereits überlastet war, entschied ich mich, die schön vorbereiteten Päckli, selber auszuliefern und so meinen Klient*innen eine Inspiration zu geben. Die Route führte mich durch den Aargau, Solothurn, Baselland und Basel-Stadt. Dieses achtsame Geben erfüllte mich und so konnte auch ich nehmen. Das Teilen meiner Liebe zur Sprache, die ausgewählten Bücher - meine Klient*innen hatten grosse Freude und das erfüllt mich mit Ruhe und Zuversicht.
Auch in solch herausfordernden und distanzierten Lebenssituationen kann Geben und Nehmen berühren, inspieren und uns näher bringen." - Sonia
"Die Ereignisse und Erfahrungen der letzten Wochen boten mir die Chance, einige mir neu anvertraute „Geschenke“ des Lebens anzunehmen und in Dankbarkeit ihren Wert zu erkennen. Darunter waren bestimmt auch solche, die ich mir so nicht gewünscht habe oder hätte. Andere waren bereits da und durften von mir wieder – oder neu entdeckt werden. Die Möglichkeit des Annehmens all dieser „Geschenke“, sowie der achtsame Umgang damit, liessen mich wertvolle Facetten und Ressourcen meines Lebens sehen, erfahren und Ihren Wert darin erkennen. Daraus konnte eine grosse Dankbarkeit wachsen.
Ich durfte spüren, wie schön es ist in meinem Umfeld eingebettet zu sein. Es trägt und unterstützt mich und ermöglicht einen wunderbaren Austausch. Ich hatte Begegnungen mit mir selbst und der Natur in ihrer wunderbaren Fülle, was mich den Fokus und die Energie darauf lenken liess, wahrzunehmen was für mich wichtig ist, für mich Sinn macht und was ich im Moment brauche und was zu meinem persönlichen Sinnerleben gehört - wie beispielsweise zu Teilen, zu geben, mich auszutauschen, Gemeinschaftlichkeit zu erleben, Beziehungen zu pflegen, Angebote zu machen und da zu sein…

So wurde ich inspiriert meinen Klient*innen regelmässig Mails und Nachrichten, ergänzt mit individuell auf ihre Situation angepassten Achtsamkeits- und Körperübungen, zukommen zu lassen. Ein ungewohnter Weg, der es ermöglichte, trotz Distanz in Kontakt zu bleiben und Klient*innen, auf eine neue Weise darin zu begleiten, in ihren „Lebens-Geschenken“ ungeahnte Chancen und Möglichkeiten zu entdecken. Während diesen Wochen durfte ich immer wieder wohlwollende und wertschätzende Rückmeldungen entgegennehmen, die mich tief berührten und erfüllten.
Selbst wenn wir nicht wissen, welche „ Geschenke“ das Leben zukünftig noch für uns bereit hält, bin ich voller Vertrauen und Zuversicht. Denn wir haben die Fähigkeit der Anpassung an äussere Gegebenheiten und die Möglichkeit der Wahl. So können wir jederzeit unseren Fokus neu ausrichten, auf die Dinge die uns wichtig sind, um unser Leben mit Freude und Energie zu füllen. Das fühlt sich für mich richtig und gut an." - Barbara
"Auch für mich waren die letzten Monate herausfordernd, anstrengend berührend und zugleich wertvoll. Als diplomierte Naturheilpraktikerin durfte ich meine Patienten in dringenden Fällen weiterbehandeln und telefonisch beraten, jedoch war dieser Anteil sehr gering, also erlebte auch ich eine Art Lock-down in der Praxis. Für mich war das aber so noch passend für diese Zeit, denn mit meiner anderen Arbeit in der Pflege, war ich sehr gefordert. Um ehrlich zu sein, war es für mich eine sehr erschütternde Erfahrung. Ich arbeitete direkt mit infizierten Personen, dadurch isolierte ich mich gezwungenermassen privat sehr stark. Es war für mich schwer so viel Leid zu erleben, so viel Ungewissheit zu erfahren und einem hohen Grad an Stress ausgesetzt zu sein und dennoch auf Trost und Zuneigung in vertrauter Form verzichten zu müssen. Diese Zeit hat mich bestimmt nachhaltig und tiefgreifend geprägt, aber auch im Positiven.

Denn wie Barbara schon so schön beigetragen hat: Wir haben die Möglichkeit der Wahl wie wir unseren Fokus ausrichten. Ich durfte Freundschaft neu erleben in Form von Briefen, Karten und wohlwollenden Telefonaten. Ich konnte starken Teamgeist spüren und mich in dieser schweren Zeit auch auf meine Praxiskollegen verlassen. Ich lernte meinen Blick trotz Unruhe im Aussen, nach innen zu richten, mir Erholung und Ausgleich zu gönnen. Ich hatte die Möglichkeit mich selbst in einer Kriesensituation zu erleben und zu erkennen wie überraschend stark ich bin und was für eine wertvolle Fähigkeit es ist, dass ich auch im Stress Ruhe bewahren kann.
Auch ich bin zu tiefst dankbar und vorausschauend zuversichtlich, dass wir auch kommende Herausforderungen werden meistern können. Für den Moment bin ich nun einfach zufrieden und freue mich ungemein, dass ich wieder Klient*innen in der Praxis empfangen darf. Denn diese Arbeit erfüllt mich mit Glück und Energie und auch dafür bin ich dankbar." - Céline
Wir wünschen euch ein gutes Einfinden in den neuen Alltag.
Alles Liebe
Kilian, Sonia, Barbara & Céline